OBDACHLOS – WOHNUNGSLOS

Vor nicht allzu langer Zeit hörte ich einen jungen Menschen mit Überzeugung behaupten: «Das kann in der Schweiz doch gar nicht passieren, dass jemand wohnungslos wird!». Wir im HOPE begegnen immer wieder Menschen mit tragischen Schicksalen, denen «es doch passiert»: Sie haben keine Wohnung mehr aufgrund sehr unterschiedlicher Ursachen.

H. Petzold, ein deutscher Psychologe, hat ein Persönlichkeits-Modell entwickelt. Darin beschreibt er, dass die Identität eines Menschen auf fünf Säulen ruht. Diese sind Gesundheit, soziales Netz, Arbeit und Leistung, materielle Sicherheit, Werte und Normen. Fallen mehrere Säulen weg, führt das zu einer ernsten Lebenskrise, aus der Obdachlosigkeit eine mögliche Folge ist. Diese kann uns allen passieren.

Wohnungslosigkeit hat viele Gesichter. Die «Obdachlosen unter der Brücke» treffen wir selten an. Es gibt eine grosse Zahl Menschen, die bei Kollegen «Sofahopping» betreibt und sich jahrelang so durchschlägt. Wir hatten einmal eine ca. 40-jährige Frau, die noch nie eine eigene Wohnung hatte und stets bei Männern wohnte, bis diese sie wieder hinausstellten. Entwürdigend! Eine weitere Gruppe der Obdachlosen sind Arbeitsmigranten aus EU Ländern, die oft mittellos sind und verzweifelt versuchen, in der Schweiz eine Arbeit zu finden. Auch viele psychisch kranke Menschen pendeln zwischen Einrichtungen, Klinik, Notschlafstelle und Obdachlosigkeit. Oft ist in diesen Situationen Sucht ein Thema. Auch Menschen, die aus der Klinik, dem Spital oder dem Gefängnis austreten und keine Wohnung haben sind oft auf Notschlafstellen angewiesen.

Eine grosse Zahl Menschen sind nicht obdachlos, aber wohnungslos, d.h. sie leben in Hotelzimmern, wo sie oft nicht einmal kochen oder Gäste einladen können. Die Christoph Merian Stiftung untersuchte die Situation in Basel. Aus dieser Untersuchung entnehmen wir viele der nachstehenden Fakten. Von Obdachlosigkeit betroffen sind viermal mehr Männer als Frauen. Warum bekommen sie keine Wohnung? Finanzielle Probleme, hervorgerufen durch Krankheit, Arbeitsverlust oder Beziehungsprobleme sind oft der Grund. Betreibungen oder Strafregisterauszüge gehören heute zum Bewerbungsschreiben. Interessenten mit Betreibungen werden von vielen Wohnungsvermietern ausgeschlossen. Auch eine Arbeitsstelle wird verlangt. Doch wer keine Arbeitsstelle hat, kriegt keine Wohnung. Und wer keine Wohnung hat, kriegt keine Arbeitsstelle. Ein Teufelskreis, aus dem heraus oft nur das Hotelzimmer eine Lösung bietet. Diese Zusammenhänge sind vielen integrierten Bürgern nicht bekannt. Die Betroffenen haben auch keine Lobby, die sich für sie einsetzt. Entsprechend ist das eine Aufgabe. von HOPE, diese Situationen sichtbar zu machen. Dabei ist uns auch bewusst, welches Risiko Vermieter eingehen bei einer unsicheren Vermietung. Eine Messiewohnung, die renoviert werden muss, geht ins Geld. Auch wie lange es dauert, bis ein Mieter behördlich hinausgestellt werden kann, weil er die Miete nicht bezahlt, ist problematisch und bedeutet einen grossen Verlust. Es gilt bei der Unterstützung gerade in der Wohn- beratung beide Seiten im Auge zu behalten und Lösungen zu finden, die grösstmöglichen Nutzen und Sicherheit für alle Beteiligten bringt.

Monika Koch und Daniela Fleischmann

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